Frankfurter Neue Presse: 23.03.2015

Winzer suchen Nachfolger: Weingut zu verkaufen  

„Das Leben zwischen den Reben ist hart. Vor allem jüngere Menschen scheuen die arbeitsreiche und risikobehaftete Tätigkeit.

Geisenheim: Für viele Weinliebhaber ist es der große Traum: ein eigenes Weingut. So unrealistisch wie der Wunsch manchem erscheint, ist er gar nicht. Seit Jahren schon findet in Deutschlands Weinanbaugebieten ein Paradigmenwechsel statt. Tausende Winzer stehen aus Altersgründen vor der – im Einzelfall sehr dringenden – Frage, wer ihr Weingut übernehmen und weiterführen kann. Immer seltener will das der eigene Nachwuchs tun, daher werden motivierte Quereinsteiger gesucht. Neben dem Kauf gibt es diverse Beteiligungsmodelle.

„Viele Winzer hoffen, dass ihr Lebenswerk fortgeführt wird“, sagt Ernst Büscher vom Deutschen Weininstitut in Mainz. Oft misslinge die Nachfolge jedoch. Die Winzer verkauften dann ihre Reben zumeist an das benachbarte Weingut; ihre Marke ginge verloren. Die Fläche, auf der in Deutschland Wein angebaut wird, ist zwar seit Jahren konstant. Zwischen 2003 und 2013 sank die Zahl der Weingüter aber von 29 300 auf 18 700.

Mit seinem Unternehmen „Wein und Rat“ will Erhard Georg Heitlinger das Weingutsterben eindämmen. Er will Winzern dabei helfen, ihr Weingut in vernünftige Hände zu übergeben, und zugleich anderen Menschen den Traum vom eigenen Wein erfüllen. „Wir bringen Verkäufer mit geeigneten Käufern zusammen und begleiten den gesamten Übergabeprozess“, erklärt Heitlinger. Er weiß, dass das schwierig ist. 31 Jahre lang hat Heitlinger sein gleichnamiges Weingut in Baden betrieben, zuletzt mit 45 Hektar Reben. Wein sei ein sehr emotionales Thema. „Vielen Winzern fällt es schwer, ihren Boden und ihre Pflanzen loszulassen.“ Der Prozess könne ein halbes Jahr dauern, aber auch drei Jahre. Deswegen rät Heitlinger Winzern, sich frühzeitig mit ihrer Nachfolge zu beschäftigen.

Dass Vermittlungsbedarf besteht, bewies unlängst der Andrang bei einer Veranstaltung von „Wein und Rat“ in der Hochschule Geisenheim. 300 Interessierte nahmen daran teil. Neben Weinbaustudenten kamen Winzer und Weingutinteressenten zum Teil sogar aus dem Ausland, um sich von Heitlinger und seiner Geschäftspartnerin Natascha Popp zu möglichen Übernahmeszenarien beraten zu lassen. Das Unternehmen zeigte einige aktuelle Beispiele aus seinem Portfolio: Ein Weingut an der Nahe mit sieben Hektar Reben, Wohnhaus, Kelterhaus und Kellerei für 950 000 Euro oder zweieinhalb Hektar in Rheinhessen mit Kellerei für 590 000 Euro – ein Teil als Ratenzahlung in einem Rentenmodell möglich. „Also etwas für Jungwinzer zum Reinwachsen“, sagt Natascha Popp…“  weiterlesen