Was haben ein Airbus und ein Steillagen-Riesling gemeinsam? Normalerweise nichts! Außer, dass der Riesling hoffentlich in der Business-Class ausgeschenkt wird. Ab dem 18.10.19 sollen aber beide Produkte gleich mit hohen Strafzöllen von +25% belegt werden. Dies wird den Export von Wein in die USA noch schwieriger gestalten als er ohnehin schon ist. Die Weinräte geben einen Überblick über die Situation.

Wie kommt man auf so eine Idee – Flugzeuge und Wein aber auch andere Agrarprodukte wie Käse, Oliven, Whiskey usw. in einen Topf zu schmeißen? Seit 15 Jahren beschweren sich die USA darüber, dass die EU Airbus mit hohen Subventionen unterstützt. Gegenüber Boeing hat Airbus dadurch einen ungerechten Heimvorteil in Europa. Die Welthandelsorganisation WTO sieht dies genauso und hat den USA nun erlaubt, Flugzeuge aber auch EU-Importe – wie Lebensmittel – mit Strafzöllen zu belegen. Prompt hat die EU angekündigt, sich mit Vergeltungszöllen (u. a. auf Tomatenketchup und Spielekonsolen…) zu wehren. Die Leidtragenden der Situation sind, neben den Verbrauchern, unter anderem deutsche Winzer.

Dass Wein und Käse in Frankreich und Italien Teil der Volksseele und anerkannte Kulturgüter sind, ist der Trump-Administration bekannt. Dass unsere Nachbarn entsprechend emotional reagieren ist daher vorhersehbar. Dass die Autonation Deutschland sich noch als heimlicher Gewinner fühlen kann (Strafzölle auf deutsche Autos wird es noch nicht geben) ist nachvollziehbar. Wein hat in Deutschland nun einmal nicht dieselbe kulturelle Wertigkeit wie Autos.

Aus Sicht der Gesamt-Volkswirtschaft kommt Deutschland mit einem blauen Auge weg. Aber für einzelne Winzer können die US-Strafzölle zu einem existenzgefährdenden Problem werden.

Auf die Hintergründe dieser Schritte soll und kann hier nicht eingegangen werden. Aber wir wollen die Gelegenheit nutzen, uns etwas genauer mit der Bedeutung der USA für den deutschen Weinexport zu befassen.

Sowohl von der Menge (Platz 1), wie auch im Wert (Platz 4 in den Top 20 des durchschnittlichen Weinpreis‘) sind die USA klar ein sehr wichtiger Exportmarkt für deutschen Wein. Vom Gesamtwert her wird jede vierte Flasche über den Atlantik exportiert.[1] Mit großem Aufwand unterstützt daher das Deutsche Weininstitut die Exportbemühungen der Winzer vor Ort. Begeistert berichtete die Deutsche Weinkönigin, Carolin Klöckner, von ihrem viertägigen Besuch in New York beim Summer of Riesling. Seit 2008 nehmen hunderte von Weinfachgeschäften und Restaurants als Weinbotschafter an diesem stetig wachsenden Event teil. Sie werben auf unkonventionelle Art erfolgreich für ‚The Queen of all White Wines‘.

Schon ein Strafzoll von ‚nur‘ 25% würde die Bemühungen der letzten 20 Jahren von einem Tag auf den nächsten zerstören. Durch das sogenannte Three-Tier-System in den USA bedeutet eine Importzoll-Erhöhung von 25% durch den Zinseszinseffekt steigende Endverbraucherpreise von ca. +50%.

Mit dem Ende der Prohibition wurde in den USA eine dreistufige, strikt voneinander getrennte, staatlich geschützte Kette des Alkoholvertriebs eingeführt:

  1. Importeur:  Kauft zum sog. Ex-Cellar-Preis beim Winzer direkt in Deutschland große Mengen (halber oder ganzer Übersee-Container) und übernimmt die Kosten für Transport, Importzölle und Einlagerung im Hafen
  2. Großhändler:  Kauft beim Importeur kartonweise und übernimmt Lagerhaltung im jeweiligen Bundesstaat inkl. B2B-Vertrieb
  3. Einzelhändler:  Verkauft flaschenweise an Endverbraucher

Die Besonderheit an diesem System ist, dass die einzelnen Stufen nicht in einer Hand liegen dürfen, d.h. ein Hersteller darf nicht sein eigenes Distributionssystem aufbauen und umgekehrt.

Die Folge dieses Systems bisher:  Eine Flasche Wein, für die das Weingut 5,00 € erhält, kostet den Endverbraucher in den USA ca. 20.00 US$ netto ohne Mehrwertsteuer.

Die Folge dieses Systems zukünftig:  Durch den Zinseszinseffekt wird aus dem Strafzoll von +25% durch die prozentuale Aufschlagskalkulation der einzelnen Stufen aus denselben 5,00€/Fl. ab dem 18.10.19 ein Endverbraucher in den USA von ca. 30.00 US$ netto ohne Mehrwertsteuer.

Der Effekt ist aus Sicht der Winzer gleich mehrfach schlecht. Nicht nur, dass durch eine Preiserhöhung von 50% aus Endverbrauchersicht deutsche Weine von einem Tag auf den nächsten quasi unerschwinglich werden. Darüber hinaus müssen insbesondere Winzer, die viel in die USA exportieren, sich sofort nach anderen Kanälen umschauen. Diese neuen (Export-) Märkte sind jedoch ‚teuer‘, denn sie werden mit Preisnachlässen und teils erheblichen Reise- und Anschubkosten erkauft.

Was kann man dagegen tun? Kurzfristig wenig, langfristig sollte man seine Exportbemühungen verbreitern. Oder man nutzt den aktuellen Trend zu mehr Regionalität, einer guten Klimabilanz und mehr ‚Greta‘ und steckt seine Energie in den Verkauf im eigenen Land.

[1]  Quelle: Deutsche Weinstatistik 18/19, 2017er Jahresdaten, Deutsches Weininstitut 2019

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